Uranzug für 17 Stunden blockiert

Eingestellt von Igel On 21:49
Vom 5. bis 6. Oktober 2017 wurde kurz vor der Urananreicherungsanlage in Gronau ein Uranzug für 17 Stunden durch zwei Betonblöcke und darin Angekettete blockiert - mit Beteiligung von Anti-Atom-Aktiven aus Schleswig-Holstein. Hier dokumentieren wir einen Erfahrungsbericht von einigen Beteiligten.


Wir haben euren Zug gefangen…

Mensch nehme: Eine handvoll entschlossener Menschen, einen Zulieferungstransport für die Urananreicherungsanlage in Gronau, zwei Betonblöcke und sechs Schlösser.
Unfreiwillig kommen dann noch doppelt so viele Bullen wie nötig seien könnten um sechs angekettete Menschen am Weglaufen zu hindern, das THW, die Feuerwehr und das DB Schienenpersonal dazu.
Und schon gibt es inkompetente Einsatzführung, jede Menge technisches Spielzeug, wenig durchdachte Räumung und 17-stündige Zugverspätung. Tretende Sanitäter inklusive.

Am 5.10.2017, gegen 17:45 gelang es jeweils drei Menschen sich vor und hinter einen mit Uranhexafluorid (UF6) beladenen Zug auf dem Weg in die Urananreicherungsanlage im westfälischen Gronau in einem Betonblock anzuketten. Wir fingen den Zug, mitsamt seiner menschen- und umweltverachtenden Fracht, damit er auch keine Ausweichsroute nehmen konnte. Die Bullen reagierten auf die Unterbrechung ihrer entspannten Nachtschicht und dem erzwungenen Verzicht auf ein Fußballspektakel (Irland vs. Deutschland) mit mit Rechtsbrüchen, verachtenden Bemerkungen und aggressivem Verhalten.


Schaut mensch sich die letzten Monate an, ist dies nicht wenig überraschend. Der Umgang mit der Demonstrationsfreiheit in Hamburg, das Verbot von linksunten.indymedia und die derzeitigen Prozesse gegen G20-Gegner_Innen zeigt klar das Teile der Geseklschaft freudig dabei sind an ihrem neuen „Feindbild Links“ zu arbeiten. Dabei wird auch immer wieder versucht Menschen in „gute“ und „schlechte“ Aktivist_Innen zu unterteilen, frei nach dem Motto: „Solange es nicht wirklich stört, ist alles gut“.
Aktionen wie die Zugblockade in Gronau werden gerne als „gewaltfreie“ Aktionen dargestellt, während brennende Autos in Hamburg als blinde Zerstörungswut delegetimiert werden. 

Überfordert reagieren Bullen aber auf jede Form von Protest. Selbst nach wiederholtem Nachschauen mit einem Endoskop in den Rohren fehlte es ihnen an einer Idee wie (und ob) die Menschen befestigt waren und die Vorstellungen über die Konstruktion des Lock Ons wurden von Stunde zu Stunde abenteuerlicher, was zu wirklich absurden Räumungsmaßnahmen führte. Am Betonblock selbst kamen sie kaum weiter, dank mehrfach verstärkter Rohre und verschiedener Materialien – irgendwann fingen sie an aufzuzählen, welches Baumaterial sie noch nicht gefunden hatten. In einem Fall versuchten sie dann (vergeblich) die gesamte Bahnschwelle unter uns herauszuziehen.

Ihr Plan uns durch Kälte, Nässe und Bemerkungen wie „Spritzt das Blut schon?“ zur Aufgabe zu nötigen, ging auch nicht auf. Das prollige, mackerige Verhalten der Bullen machte eher noch entschlossener. Die Bullen lösten die letzte Person um 9:15 von den Gleisen und mussten dieses dann erst wieder reparieren, bevor der Zug sich wieder in Bewegung Richtung Anlage setzten konnte – mit insgesamt 17 Stunden Verspätung.

Uns ist aber nicht nur die Thematisierung der Urananreicherungsanlage in Gronau mit unbefristeter Betriebgsgenehmigung und der fortgesetzten Urantransporte wichtig.Es geht genauso um die Brennelementefarik in Lingen, den Abbau von Uran in Kasachstan oder die Kraftwerke in Belgien. Kein Standort kann isoliert betrachtet werden, es geht nicht darum das wir keine Standorte in unserem Hinterhof haben möchten, wir möchten sie nirgendwo! Es ist verlogen von einem „Atomausstieg“ zu sprechen, wenn deutsche Standorte und Firmen weiter an der Herstellung von Brennstoff und Atommüll beteiligt sind und davon profitieren.

Die Argumentation, die Atomenergie sei notwendig um unseren derzeitigen, exorbitanten Energiebedarf zu decken, behandelt nicht die eigentliche Frage um die es gehen sollte. Wir können nicht die Ressourcen der Erde an unseren Energiebedarf anpassen.
Wir können nicht weiterhin Kollateralschäden der Energiegewinnung (oder anderer Produktionsverfahren) als unausweichliche Nebenerscheinungen unseres Daseins abstempeln.
Unser derzeitiges Dasein ist das Problem und als dieses sollten wir es auch behandeln. Unser kompletter Umgang, sowohl mit uns selbst, als auch mit unserer Umwelt muss drastisch überdacht werden, nicht von irgendwelchen profitorientierten, verblendeten Politiker_Innen, sondern von uns selbst. Und aus dieser Überlegung müssen Handlungen entstehen!

Dabei wollen wir uns ganz bewusst nicht von anderen Aktionsformen distanzieren. Gesellschaftlicher Protest und Widerstand muss auf vielen Ebenen stattfinden. In manchen Momenten kann eine Sitzblockade sinnvoll sein, in anderen 20 brennende Autos. Es geht nicht um eine bestimmte Aktionsform die gut oder schlecht ist, sondern jede Situation erfordert eine eigene Analyse, Handlungen und Veränderung.


Mehr Infos zu der Aktion auf www.urantransport.de, zu den juristischen Folgen auf nirgendwo.info

Ein paar unverbesserliche Atomkraftgegner_innen

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