Wir haben euren Zug
gefangen…
Mensch nehme: Eine
handvoll entschlossener Menschen, einen Zulieferungstransport für
die Urananreicherungsanlage in Gronau, zwei Betonblöcke und sechs
Schlösser.
Unfreiwillig kommen
dann noch doppelt so viele Bullen wie nötig seien könnten um sechs
angekettete Menschen am Weglaufen zu hindern, das THW, die Feuerwehr
und das DB Schienenpersonal dazu.
Und schon gibt es
inkompetente Einsatzführung, jede Menge technisches Spielzeug, wenig
durchdachte Räumung und 17-stündige Zugverspätung. Tretende
Sanitäter inklusive.
Am 5.10.2017, gegen
17:45 gelang es jeweils drei Menschen sich vor und hinter einen mit
Uranhexafluorid (UF6) beladenen Zug auf dem Weg in die
Urananreicherungsanlage im westfälischen Gronau in einem Betonblock
anzuketten. Wir fingen den Zug, mitsamt seiner menschen- und
umweltverachtenden Fracht, damit er auch keine Ausweichsroute nehmen
konnte. Die Bullen reagierten auf die Unterbrechung ihrer entspannten
Nachtschicht und dem erzwungenen Verzicht auf ein Fußballspektakel
(Irland vs. Deutschland) mit mit Rechtsbrüchen, verachtenden
Bemerkungen und aggressivem Verhalten.
Schaut mensch sich
die letzten Monate an, ist dies nicht wenig überraschend. Der Umgang
mit der Demonstrationsfreiheit in Hamburg, das Verbot von
linksunten.indymedia und die derzeitigen Prozesse gegen
G20-Gegner_Innen zeigt klar das Teile der Geseklschaft freudig dabei
sind an ihrem neuen „Feindbild Links“ zu arbeiten. Dabei wird
auch immer wieder versucht Menschen in „gute“ und „schlechte“
Aktivist_Innen zu unterteilen, frei nach dem Motto: „Solange es
nicht wirklich stört, ist alles gut“.
Aktionen wie die
Zugblockade in Gronau werden gerne als „gewaltfreie“ Aktionen
dargestellt, während brennende Autos in Hamburg als blinde
Zerstörungswut delegetimiert werden.
Überfordert
reagieren Bullen aber auf jede Form von Protest. Selbst nach
wiederholtem Nachschauen mit einem Endoskop in den Rohren fehlte es
ihnen an einer Idee wie (und ob) die Menschen befestigt waren und
die Vorstellungen über die Konstruktion des Lock Ons wurden von
Stunde zu Stunde abenteuerlicher, was zu wirklich absurden
Räumungsmaßnahmen führte. Am Betonblock selbst kamen sie kaum
weiter, dank mehrfach verstärkter Rohre und verschiedener
Materialien – irgendwann fingen sie an aufzuzählen, welches
Baumaterial sie noch nicht gefunden hatten. In einem Fall versuchten
sie dann (vergeblich) die gesamte Bahnschwelle unter uns
herauszuziehen.
Ihr Plan uns durch
Kälte, Nässe und Bemerkungen wie „Spritzt das Blut schon?“ zur
Aufgabe zu nötigen, ging auch nicht auf. Das prollige, mackerige
Verhalten der Bullen machte eher noch entschlossener. Die Bullen
lösten die letzte Person um 9:15 von den Gleisen und mussten dieses
dann erst wieder reparieren, bevor der Zug sich wieder in Bewegung
Richtung Anlage setzten konnte – mit insgesamt 17 Stunden
Verspätung.
Uns ist aber nicht
nur die Thematisierung der Urananreicherungsanlage in Gronau mit
unbefristeter Betriebgsgenehmigung und der fortgesetzten
Urantransporte wichtig.Es geht genauso um die Brennelementefarik in
Lingen, den Abbau von Uran in Kasachstan oder die Kraftwerke in
Belgien. Kein Standort kann isoliert betrachtet werden, es geht nicht
darum das wir keine Standorte in unserem Hinterhof haben möchten,
wir möchten sie nirgendwo! Es ist verlogen von einem „Atomausstieg“
zu sprechen, wenn deutsche Standorte und Firmen weiter an der
Herstellung von Brennstoff und
Atommüll beteiligt sind und davon profitieren.
Die Argumentation,
die Atomenergie sei notwendig um unseren derzeitigen, exorbitanten
Energiebedarf zu decken, behandelt nicht die eigentliche Frage um die
es gehen sollte. Wir können nicht die Ressourcen der Erde an unseren
Energiebedarf anpassen.
Wir können nicht
weiterhin Kollateralschäden der Energiegewinnung (oder anderer
Produktionsverfahren) als unausweichliche Nebenerscheinungen unseres
Daseins abstempeln.
Unser derzeitiges
Dasein ist das Problem und als dieses sollten wir es auch behandeln.
Unser kompletter Umgang, sowohl mit uns selbst, als auch mit unserer
Umwelt muss drastisch überdacht werden, nicht von irgendwelchen
profitorientierten, verblendeten Politiker_Innen, sondern von uns
selbst. Und aus dieser Überlegung müssen Handlungen entstehen!
Dabei wollen wir uns
ganz bewusst nicht von anderen Aktionsformen distanzieren.
Gesellschaftlicher Protest und Widerstand muss auf vielen Ebenen
stattfinden. In manchen Momenten kann eine Sitzblockade sinnvoll
sein, in anderen 20 brennende Autos. Es geht nicht um eine bestimmte
Aktionsform die gut oder schlecht ist, sondern jede Situation
erfordert eine eigene Analyse, Handlungen und Veränderung.
Ein paar
unverbesserliche Atomkraftgegner_innen
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